Die Idee, ein kleines Video bei youtube zu posten, hegte ich schon länger. Seit einiger Zeit habe ich youtube als meine persönliche Anlaufstelle bei allen Fragen und Problemchen rund um Computer Internet und Co. entdeckt. Es gibt wirklich kaum ein Thema, zu dem nicht irgend ein selbsternannter Experte ein mehr oder weniger pädagogisch wertvolles Lehrfilmchen gedreht und bei youtube hochgeladen hat. So manches informative Lehrvideo hat mich vor nervenzehrenden Wartezeiten bei einer Hotline bewahrt, weil ich entspannt Schritt für Schritt nachvollziehen konnte, wie ich einen nervigen Computervirus von meiner Festplatte bekomme. Manche Filmchen habe ich sogar gebookmarkt, wie etwa jenes, das erklärt, wo ich das Häkchen finde, welches den Rechner auf die  Grundeinstellungen zurücksetzt, nachdem ich  mal wieder unreflektiert in den Systemeinstellungen herumgespielt habe.

So habe ich im Laufe der Zeit Legionen von selbsternanntem „Lehrpersonal“ und youtube Sternchen und Selbstdarsteller gesehen und erlebt und mich irgendwann gefragt, wieso gerade die kognitiven Underperformer die größten Fanbases und die meisten Videoaufrufe generieren. Wieso schauen sich zehntausende Menschen ein Video an, in dem ein Checker mit „brother from another mother“ Slang und einer sehr persönlichen Begrüßungsformel „Yo Leute, Friends und Homies“, „freshe“ Tipps gibt, wie man das neue Android Handy zur persönlichen Homebase aufpimpt.

Ich erinnere mich an ein Video zum Thema Instagram, welches, der Stimme nach zu urteilen, von einer Dame sehr reifen Alters (vulgo Oma) erstellt wurde. Die leise, heisere Stimme gepaart mit ewig anmutenden Denkpausen und den vielen Vertippern auf dem Tablet Display machten mich fast rasend vor Ungeduld. Faszinierenderweise habe ich mir knapp 7 Minuten dieses Videos angesehen. Ich bereue heute noch, dieses Video nicht gebookmarkt zu haben. Es ist absolutes Videogold versehen mit dem Attribut „genau so geht’s nicht“.

Noch faszinierender sind diese sogenannten unpacking Filme. Hier entpackt  ein meist männliches Wesen ein zum Einstellungsdatum brandneues Technik Gadget vor laufender Kamera Schritt für Schritt. Dabei erklärt das männliche Wesen sein Tun und seine Eindrücke in haarkleiner Ausführung. Die Hingabe und Ernst mit dem diese Typen das Entblättern eines Stücks Technik zelebrieren, erinnern mich an die Schmonzettenromane meiner Frau. Dort muss sich der gutaussehende Jüngling auch durch unzählige Unterröcke der holden Jungfrau kämpfen, bis er das „Schatzkästchen“ derselben erreicht und das Schloss entsperren darf. Nun gut, der Eine schaut sich im Strip Club das blonde Bunny auf der Bühne an und freut sich, wenn nach zehn Minuten umständlichen Ausziehens endlich die Silikon Doppel D´s unverhüllt im Scheinwerferlicht hüpfen. Und für den Nerd dort im Internet ist eben das neue iPhone SX das höchste der Gefühle. Beängstigend sind allerdings auch hier die Anzahl der Aufrufe, die diese Filme erzielen (sechsstellig innerhalb kürzester Zeit sind keine Seltenheit). Wer um Himmels Willen schaut sich so etwas freiwillig an? Es müssen Menschen sein, deren Leben so turbulent und spannend sind, dass sie sich eine entschleunigende Freizeitbeschäftigung suchen müssen.

Ich diskutierte das Thema mit meiner besseren Hälfte und gab ihr mein Unverständnis Kund, weshalb so unfassbar viele Menschen Filmchen mit Unsinn drehen, diesen aber vollends überzeugt als ernst zu nehmenden Content erachten und diese Merkwürdigkeiten auch noch ein ansehnliches Publikum finden. Außerdem würde ich das alles ja ganz anders und sowieso viel besser machen. Meine Frau nahm diesen Satz direkt als Aufhänger und erwiderte, dass ich nicht nur kritisieren, sondern auch mal machen soll. Ich hätte doch alles, was es für eine große Filmkarriere brauche, gutes Aussehen, Eloquenz, volles Haar und die Ausstrahlung von George Clooney (gut, das muss sie ja als meine Frau sagen. Ich will es ihr aber trotzdem gerne glauben). Das passende Sujet erreichte mich ein paar Tage später in Form eines Fresspaketes, das mir meine Eltern in Sorge um meines leiblichen Wohles schickten.

Ich bitte die Film- und Tonqualität zu entschuldigen. In Ermangelung eines professionellen Equipments wurde mein Debüt mit der Kamera eines HTC one Smartphones gedreht. Dies, die improvisierten Dialoge sowie die  langen Takes (es gibt nur einen) machen ihn zum Dogmafilm und damit zum Geheimtipp eines jeden Cineasten. Sollte das Projekt ein Sequel werden, müssen wir unbedingt noch an der Maske und dem Licht arbeiten. Meine Augenringe werfen zu große Schatten. Für Kamera, Ton und der Stimme aus dem Off zeichnet sich Susanne verantwortlich (meine bessere Hälfte). Als Muse und künstlerische Leiterin des Projekts ist eine namentliche Erwähnung eine Selbstverständlichkeit.

Viel Spaß beim Anschauen. Ich bin auf Ihre Meinung gespannt. Lohnt es sich Autogrammkarten in größeren Mengen produzieren zu lassen, oder sollte ich besser von einer weiteren Filmkarriere Abstand nehmen und mich mehr auf das Schreiben konzentrieren? Und jetzt:

Film ab!

 

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