Beim Bummeln über einen der vielen Münchner Weihnachtsmärkte fand ich ein scheinbar in Vergessenheit geratenes Kleinod deutscher Weihnachtskultur. Ich muß gestehen, bis gestern wusste ich noch gar nichts von der „alten deutschen Tradition“ Essigkurken an den Weihnachtsbaum zu hängen. Aber ich lerne ja immer gerne dazu…Vielleicht kommt dieser Brauch aus der Gegend vom Spreewald, wo bekanntlich das Herz der Deutschen Gurkenindustrie liegt und man diese seinerzeit als Ersatz für die im real existierenden Sozialismus fehlenden Christbaumkugeln her nahm. Zumindest scheint das Essiggurkenaufhängen nicht aus dem Südwesten unserer schönen Republik zu stammen. Im Schwarzwald kennt man diese Tradition nicht. Das wüsste ich, immerhin habe ich zwei Dekaden am Stück dort meine Weihnachtsfeste verbracht und dort auch so manchen Christbaum gesehen. Nie ist mir auch nur ein Mal eine Gurke zwischen Tannennadeln, Lametta, Kugeln und Wachskerzen aufgefallen.

Gott sei Dank liegt dem käuflich zu erwerbenden Christbaumschmuck eine „Gebrauchsanweisung“ in englischer Sprache und aufwendigem Vierfarbdruck bei (wahrscheinlich ist dieses Kleinod von einem Baumanhänger ein Exportschlager für den US amerikanischen Christmastree und Uncle Jimy und Aunt Cindy wollen das gute Gefühl haben, sich hiermit ein Stück Good Old German X-Mas Tradition in die gute Stube zu holen – x-mas proofed gadget, so to say). Das verleiht dem Gehänge eine besondere Wertigkeit und ein echt weihnachtliches Flair. Dort wird auch erklärt, dass es sich bei der Weihnachtsgurke um eine „scheinbar seltsame aber alte deutsche Tradition“ handelt. Aha. Weiter heißt es, dass der gemeine Deutsche Weihnachtsmann eine Essiggurke zwischen all dem anderen Christbaumschmuck versteckt und das erste Kind, das die Gurke entdeckt, bekommt ein kleines Extrageschenk. Schon wieder was gelernt.

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Wie gesagt, diese schöne Tradition haben meine Eltern mir immer vorenthalten. Wenn schon keine Gurken vorhanden gewesen sein sollte, dann hätte man stattdessen ein Salatblatt oder eine Dose kleingeschnittene Ananas an die Edeltanne hängen können. So etwas hatte meine Mutter immer im Vorratschschrank.

Gibt es noch weitere „urtypische“ Weihnachtstraditionen, von denen ich noch nichts weiß und die im Laufe der Zeit in Vergessenheit geraten sind? Vielleicht kennt der eine oder die andere meiner immer größer werdenden Fangemeinde uraltes Kulturgut, das, wenn noch nicht ausgestorben, so doch zumindest kurz davor ist, und das unbedint wert ist, weiter am Leben gehalten zu werden. Und wenn es nur darum geht, den Amis mit Hilfe einer netten Geschichte ein paar Dollars aus der Tasche zu ziehen. Die beste Geschichte werde ich mit einer original German pickle incl. color printed user manual belohnen (wahlweise wäre ich auch bereit, ein Glas Spreewälder Senfgurken zu spenden. Die würde ich allerdings dann doch nicht an den Christbaum hängen). Und wenn die Sache Potential hat, sollten wir uns dann unterhalten, ob wir daraus nicht ein Produkt für den amerikanischen Santa Claus basteln und damit unverschämt reich werden sollten. Ich freue mich also über viele Zuschriften!

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