Jetzt ist es auch schon wieder mehr als eine Woche her, dass ich auf der Flucht vor der Winterdepression per Lastminutetrip mir die Sonne des Südens auf die Plautze brennen liess. Aufgrund des wahrlich brillianten Preis-Leistungsverhältnisses ist es diesmal Madeira geworden. Für 350 Euro pro Nase eine Woche 4 Sternehotel (selbstverständlich inkl. Flug), da kann man wirklich nicht meckern. Gut, junge, hippe Partypeople sind auf der Insel nicht wirklich prima aufgehoben, da sich Madeira ganz den sogenannten „Bestagern“ (so heißen 60+ Menschen im modernen Marketingdeutsch) verschrieben hat. Schon im Flieger kamen mir Gedanken wie: wenn jetzt ein Mullahkrieger der Meinung ist, sich jetzt per Bombengürtel zum Merthyrer und ins ewige Paradis mit den 40 vollbusigen Jungfrauen sprengen zu müssen, würde dies die deutsche Rentenkasse bestimmt monatlich um einen sechstelligen Millionenbetrag entlasten. Wie der geneigte Leser sieht, es gab weder beim Hin- noch beim Rückflug Probleme mit pyromanischen Gotteskriegern, sodass ich diese Zeilen schreiben kann und die Rentenkasse immer noch sehr strapaziert ist.

Wie gesagt, wenn man keinen Partyurlaub anstrebt, sondern mehr die Ruhe vom Alltag sucht und Interesse an exotischen Pflanzen oder Wandern hat, ist man auf Madeira eigentlich ganz gut aufgehoben. Susanne und ich haben, von ein paar Ausflügen auf der Insel abgesehen, den Kick bei Lesen und Scrabblespielen am Strand gesucht. Das besondere Highlight unseres Hotels war der prima Blick auf die Einflugschneiße des Flughafens, der zu Fuß in 15 Min. zu erreichen war, sodass man mehrmals täglich die unterschiedlichsten Flugzeugtypen und Fluglinien beim Anflug bewundern konnte. Erstaunlicherweise machten wir die Erfahrung, dass je kleiner ein Aeroplan ist, desto mehr Krach dieses verurschacht. Die Lautstärke also genau umgekehrt proportional zu dessen Größe ist. Klingt komisch – ist aber so.

Das bedeutet nun nicht, dass wir uns von dem Flugverkehr gestört fühlten. Überhaupt nicht. Es gab Tage, da kam es einem vor, dass nicht mehr als 3 Flugzeuge landeten. Sonntags hingegen scheint Großanreisetag zu sein. Da flogen die Touribomber schon mal im 15 Minuten Takt ein. Wenn uns vom vielen Lesen, Scrabbeln und Flugzeug zählen langweilig wurde ,gingen wir einfach in 5 Minuten zum Dorfplatz, tranken da einen Kaffee oder ein Glas Wein, freuten uns, dass das Ganze nicht mehr als 2 Euro kostete ( nicht pro Person, sondern für zwei Personen!) und schauten den Einheimischen beim daily business zu. Ich bin überzeugt, dass in St. Cruz (so heißt das Dorf) niemand am Herzinfarkt stirbt. Eher am überirdischen Cholesterinspiegel. Denn das Essen auf der Insel ist zwar lecker, aber nicht wirklich das, wass man als gesunde Diät verstehen könnte. Es gibt viel Rindfleisch und Fisch und als Beilage gehören einfach fette Fritten dazu. Was mich persönlich sehr erstaunte ist die Tatsache, dass man auf den Märkten wunderschönes, knackfrisches Gemüse und Salat sieht und man richtigt Lust auf eine Gemüseplatte oder einen großen Salatteller bekommt. Bestellt der Gast in einem Restaurant eben dieses als Beilage, so bekommt er GRUNDSÄTZLICH verkochte Karotten und grüne Bohnen inklusive Grauschleier. Meine Theorie ist, dass sich das Britische Empire zu lange auf der der Insel breit gemacht hat und dies nun schmerzliche Kolateralschäden sind. Aber der Fisch und das Fleisch waren immer superbe und von bester Qualität. Wer also nicht gerade dem Hobby des Vegetariertums fröhnt, braucht keine Angst zu haben, auf Madeira zu verhungern. Vielleicht sollte man ein Röhrchen Vitamintabletten mitnehmen, um bei einem längeren Aufenthalt einer Skorbuterkrankung vorzubeugen.

Eines der wichtigsten Dinge, die ich im Urlaub gelernt habe war, dass ich eine Schwäche für Madeira Wein entwickelt habe (während ich tippe trinke ich einen 5 Jahre alten Miles, selbstimportiert). Das kam unter anderem auch daher, dass ich mich am Vorplatz der Dorfkirche einloggen musste, um Internetzugang zu bekommen und ich abends dann in einem Straßencafe gegenüber der Kirche ein oder zwei Gläschen Madeira trank, um mich wach und warm zu halten. Leider wollten die Herrschaften im Hotel 5 Euro pro 1/2 h für den Internetzugang (!). In Deutschland gibt es ja einen Wucherparagrafen…. ich weiß allerdings nicht, wie das in Portugal ist. Naja, die klassische Klientel der Hotelgäste (Bestager und Russen, die am Pool Bier trinken um ihre All-Inklusive Buchung zu rechtfertigen) sind wahrscheinlich auch nicht so onlineaffin wie ich und so sollte ich vielleicht sogar dankbar sein, dass überhaupt die Möglichkeit, online zu gehen angeboten wurde. So bin ich dem Pfarrer von St. Cruz dankbar, dass er wohl vergessen hat, sein W-Lan zu verschlüsseln. Ich war da aber nicht der Einzige, der die Gunst der Stunde nutzte. Insbesondere die Dorfjugend hat diesen Hotspot für sich entdeckt. Sonst wäre ich ja nie auf die Idee gekommen, mich mit Laptop vor die Kirche zu setzen.

Hier noch ein paar Impressionen von Madeira. Es ist wirklich eine wunderschöne Insel und ich kann das Hotel, in dem wir waren, nur empfehlen (abgesehen vom Internetzugang). Außerdem war der Ort, in dem wir waren, noch fast unberührt von Tourismus. Es war bestimmt nicht das letzte Mal, dass ich meinen Fuß auf dieses Eiland gesetzt habe. Wo sonst hat man die Möglichkeit, in der Sonne liegend Flugzeuge so nahe zu sehen, wie man sie nicht einmal auf den meisten Flughäfen zu sehen bekommt.

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