Ein neues Navi KANN den Weg zeigen, MUSS es aber nicht

Vor kurzem saß Susanne abends am Laptop und fragte mich, was sie denn mit den vielen Millionen Flugmeilen tun solle, die sie im Laufe des letzten Jahres auf Firmenkosten zusammengejettet hatte und die zu Schade seien, sie verfallen zu lassen. Wir wollten es uns nicht einfach machen und die Mailen einfach in zwei Tickets in die Karibik eintauschen, sondern etwas Nützliches aus der großen Auswahl an Koffern, Kaffekannen, Wolldecken und Schlafmasken-plus-Ohrenstöpsel-Sets aussuchen. Schlicht und einfach, weil die First Class Tickets auf die Bahamas noch die Zuzahlung eines gut ausstaffierten Kleinwagens inklusive dem dazugehörigen Set an neuen Winterreifen gekostet hätte. Wir bewiesen also Flexibilität und entschieden uns, ein neues Navigationsgerät fürs Auto statt der Traumreise zu nehmen. Nicht zuletzt deshalb, da unser alter satellitengestützter Pfadfinder noch das Kartenwerk von Christopher Columbus sein eigen nannte und wir immer häufiger das Gefühl hatten, dass das Gerät die von uns eingegebenen Adressen als „terra incocnita“ identifizierte.

Letztes Wochenende war es dann soweit. Nachdem wir uns für einen Ausflug nach Fürstenfeld „aufs Land“ entschieden hatten schlug ich vor, die Route doch mal von unserem neuen Begleiter berechnen zu lassen, der bis dahin ausgepackt und voreingestellt auf unserem Wohnzimmertisch die Rolle eines weiteren Staubfängers übernommen hatte. Nachdem ich als Co-Pilot das Navi an der Windschutzscheibe angebracht und mit den Zielinformationen programmiert hatte freuten wir uns die freundliche Stimme „Peter“ zu hören, der uns die Direktive gab „bitte rechts“ zu fahren. Kurz darauf sollten wir laut Peter die nächste Abfahrt wieder rechts abbiegen. Susanne und ich waren uns einig, dass das eigentlich nicht der schnellste Weg nach Fürstenfeld sein konnte. Darum entschieden wir uns, einfach weiter gerade aus zu fahren. Vom Vorgängergerät wussten wir ja, dass sich das Navi irgendwann neu berechnen und uns eine andere Route nennen würde. Das tat Peter aber nicht. Bei jeder Kreuzung und bei jeder noch so unmöglichen Verkehrssituation verlangte er „an der nächsten Kreuzung bitte rechts abbiegen“ oder gleich „an der Ampel bitte wenden“.

Nach 10 Minuten gab ich das Ziel von neuem ein. Es könnte ja sein, dass das Gerät vielleicht auf eine falsche Satellitenpeilung eingestellt war oder irgendwas beim ersten einprogrammieren wurde nicht richtig übernommen. Wir fuhren also rechts ran, starteten und programmierten das Navi neu und ließen es die hoffentlich richtige Route berechnen. Nach „die Route ist berechnet“ steuerte Susanne den Wagen stur weiter in die richtige Richtung. Nur Peters Stimme mahnte wieder, wir sollen rechts abbiegen oder noch besser am besten gleich umdrehen. Dann kam mir die Idee das gleiche Ziel doch einmal in das alte Navigaitonsgerät einzugeben, dass uns von einigen ihm unbekannten Orte abgesehen, noch immer an das gewünschte Ziel gebracht hat. Damit wir die beiden nun parallel arbeitenden Navis auch akustisch unterscheiden konnten stellte ich das alte Navi auf die weibiche Stimme namens „Carola“. So kam es, dass wir durch München fuhren und dabei einer Kakofonie an Wegbeschreibungen und Stimmen lauschten, die unterschiedlicher nicht sein konnte. Aber: Carola überzeugte im Gegensatz zu Peter mit Ortskenntnis und würde uns wirklich aus München hinaus führen. Da mein wissenschaftlicher Trieb nun geweckt war  bestand jedoch darauf, doch einmal nach Peters Anweisungen zu fahren. Vielleicht kennt der ja einen ganz besonderen Weg. Schließlich hat er die neuesten Karten on Board und ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass das neue Navi ein Montagsgerät mit Orientierungsproblemen sein sollte. 20 Minuten und viel Genörgel von Susanne später standen wir wieder vor unserem Haus. Sprich, Peter war auf „Heimat“ eingestellt gewesen und wollte uns die ganze Zeit nach Hause bringen.

Nun nahm sich Susanne die Sache an und programmierte ihrerseits Peter mit den gewünschten Zielkoordinaten. Und voilá, plötzlich geht’s! Da arbeite ich nun seit 13 Jahren im Onlinebusiness und verbringe täglich viele Stunden mit neuester Software und Datenbanken und dann reicht dieses Know-how nicht einmal aus, ein triviales Navigationsgerät zu programmieren, das jeder RTL2 Zuschauer zwischen dem Öffnen der Karskrone Bierflasche und dem Umblättern der SuperIllu hin bekommt.

Epilog: nachdem Peter nun wusste, wo er uns hinbringen sollte und er uns kurz vor Fürstenfeld wie der Stern zu Betlehem die Heiligen drei Könige zur Krippe leitete, kam kurz vor Freising die Verkehrsmeldung, dass die Stadt wegen einer Veranstaltung gesperrt sei. Wir sollten unser Ziel also nie erreichen. So etwas nennt man einen Run… Das Ende vom Lied war der Abstecher zu einem McDonalds vor Fürstenfeld, wo wir uns einen Kaffee gönnten. Danach stiegen wir wieder ins Auto, stellten unser neues Familienmitglied auf „Home“, denn wir wussten ja schon, dass das neue Navi den Weg dorthin auf jeden Fall finden würde und gingen wie jeden Sonntag noch etwas an der Isar spazieren.

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