Was wäre das Leben eines Online Marketeers ohne Computer? Nicht möglich – richtig. So wird jeder von uns im Laufe eines hoffentlich erfolgreichen Arbeitslebens täglich mit den Tücken der Binärtechnik konfrontiert. Wir verbringen mehr Zeit mit Desktop, Rechnern und Laptops als mit unseren Partnern und der Familie. Daher ist es nicht verwunderlich, dass im Laufe der gemeinsamen Mensch-Maschine Arbeitszeit manch einer eine persönliche Beziehung zu seinem Arbeitsgerät entwickelt. Ich gehöre zu dieser Gattung User und bin der Überzeugung, dass dies bei der täglichen Arbeit sehr dienlich ist.

Das Leben ohne Diven ist möglich aber langweilig

Vor ca. 4 Rechnerzyklen habe ich aus einer Laune heraus begonnen, meine Rechner mit einem Namen zu versehen und ihnen mittels sophisticated Stickern einen individuellen Touch zu geben. Als eingefleischter Windows User, der die täglichen Zipperlein von Windows nur zu gut kennt, konnten es natürlich nur die Namen großer Diven sein, denen man jede Starallüre verzeiht. Wer mich kennt weiß, dass ich die besondere Gabe habe, jegliche Form von Technik alleine durch Berührung derselben zum Absturz zu bringen. Deshalb handelt es sich bei etwaigen Launen meiner Computer immer direkt um mittel- bis ganz schwere Systemcrashs. (Erstaunlicherweise schreckt das weder meine Kollegen noch mein Privates Umfeld ab, sich bei Fragen und Problemen rund um IT Technik an mich zu wenden.) In solchen – wahrlich nicht seltenen – Momenten der Verzweiflung freut sich dann auch unser Techniker, der wirklich jede Gelegenheit nutzt, mich darauf hinzuweisen, dass ich mir endlich einen Mac kaufen solle, weil mit dem gäbe es ja nie Probleme.

Audrey, der Totalausfall

So begleiteten mich in den letzten acht Jahren die Laptops Tiffany, Babsi (nach Barbara Streisand), Audrey (nach Audrey Hepburn) und seit ein paar Wochen Gloria (nach Gloria Gaynor), durch alle Höhen und Tiefen der digitalen Reklamewelt. Audrey war mit Abstand die empfindlichste unter all den Diven, deren Prozessoren und RAMs ich zum Glühen brachte. Sie war ein absolutes Miststück und höchstwahrscheinlich ein Montagsgerät. Sie wird wahrscheinlich der einzige Rechner in meiner persönlichen Hall of Fail bleiben, der es geschafft hat, innerhalb der Garantiezeit sage und schreibe vier Mal komplett auszufallen (schwarzer Monitor, nichts geht mehr).

Ihretwegen kenne ich nun auch bestens die Reparaturabteilung einer großen Elektronikkette, die mit Geiz ist geil wirbt und von der ich nun überzeugt bin, dass sie diesen Claim nicht nur auf die Qualität ihrer Waren, sondern auch auf die Behandlung ihrer Kunden bezieht. Vier Mal brachte ich Audrey mit dem gleichen Komplett-Blackout zur Reparatur, drei Mal wurde der gleiche Fehler diagnostiziert „der Computer lässt sich nicht mehr anschalten. Schwarzer Bildschirm“ (Reparaturannahme Mitarbeiter scheint kein Lehrberuf zu sein). Drei Mal wurde Audrey für zwei Wochen irgendwohin zur Reparatur über Land verschickt und drei Mal wurde die gleiche (O-Ton) „Standardprozedur“ vollzogen. Diese besteht im Auswechseln des Mainboards, Optimieren des BIOS (was man da genau optimieren kann, konnte mir allerdings nie erklärt werden) und dem kompletten Neuaufspielen von Windows. Beim vierten Mal konnte ich Audrey endlich zurückgeben und zumindest einen Großteil ihres Neupreises zurückbekommen. 100% gab´s nicht, weil Geiz ja geil ist und Audrey von mir bereits betatscht war und sie damit ihre Jungfräulichkeit verloren hatte.

… und warum ich nie wieder meine Rechner bei großen Elektronik Ketten kaufen werde

Interessant zu beobachten war, dass mit jeder neuen Reparatur Audrey´s Lebenszyklus kürzer wurde. So ließ ich mich leichtfertig hinreißen, der mich bedienenden Dame eine Wette um eine Flasche Champagner anzubieten. Ich wollte wetten, dass ich spätestens am Abend des Folgetages mit einem „lässt sich nicht mehr anschalten. Schwarzer Bildschirm“ Computer wieder vor ihr stehen würde, weil die Kiste bereits intrinsisch Schrott ist. Gut, dass sie die Wette nicht annahm, ich hätte verloren. Zwischen Abholung und viertem Blackout lagen dann doch noch beachtliche vier Tage, die gerade reichten, um zum zigsten Mal alle für die Arbeit nötigen Programme zu installieren und alle Einstellungen vorzunehmen, die es bedarf, um sich mit seinem Rechner zu hause zu fühlen.

Es bedarf nicht der extra Erwähnung, dass ich während Audrey´s Abwesenheit kein Austauschgerät bekam, obwohl ich mehrfach erwähnte, dass es sich bei bei dem chronisch defekten Rechner um mein Arbeitsgerät handelte, mit dem ich meinen Lebensunterhalt zu bestreiten gedenke. Wie gesagt, diese Elektromarktkette legt großen Wert auf ihren Markenkern und lebt Geiz ist geil. So ist es auch nicht verwunderlich, dass mir auf meinen Wunsch nach einem Ersatzgerät mit einem Schulterzucken und „Joh, da lässt sich leider nichts machen“ geantwortet wurde. So musste mein altgedientes Schlachtross Babsi ran. Der Rechner knarzt und ächzt wie eine Dampfmaschine der Generation James Watt und ich musste Babsi noch eine neue Festplatte spendieren, damit ich überhaupt mit ihr arbeiten konnte. Aber wenn sie erst warmgelaufen ist, verrichtet sie mit ein paar altersbedingten Hängern stoisch ihre Arbeit.

Gloria, meine Aktuelle

Nach dem kleinen Audrey Intermezzo habe ich mich nun doch von meinen Kollegen breitschlagen lassen, es in Gottes Namen einmal mit einem Apple Computer zu versuchen. Nun ist Gloria meine Diva de jour. Nach einer harten Umgewöhnungszeit bin ich soweit, dass ich auch mit einem Mac produktiv arbeiten kann. Wer aber behauptet, Apple Produkte seien super easy zu bedienen und ja dermaßen intuitiv, den kann ich nur also total verblendet bezeichnen. Die einfachsten Funktionen wie „Speichern unter“ oder einfach mal alle Windows gleichzeitig schließen, musste ich nachgoogeln und teilweise auch feststellen, dass es liebgewonnene, sinnvolle Funktionen überhaupt nicht gibt. Was ich Gloria zu Gute halte: sie ist absolut lautlos, startet in Sekundenschnelle und der Akku hält ewig. Wir gewöhnen uns also aneinander. So ganz vertraut sind wir beide noch nicht miteinander geworden, aber wir arbeiten täglich an unserer Beziehung. Wenn ich dann doch einmal sauer auf Gloria bin, weil ich ein liebgewonnenes PC Feature schwerlich vermisse, hilft mein Techniker, der ja schon immer gesagt hat, Apple´s best fuck the rest und gibt den Paartherapeut. Dann erklärt er mir, dass ich mich einfach mehr in Gloria hineinversetzen und ihre Bedürfnisse verstehen muss. Die wunderbare Apfelwelt ist doch so einfach und ich müsse endlich meine wahren Gefühle zulasse. Dann würde ich auch verstehen, dass diese oder jene vermisste Funktion nur belastender Blödsinn ist, den es wirklich nicht braucht. Oder er zeigt mir eine kryptische Tastenkombination, die ich mir nie werde merken können und die nicht wirklich das tut, was ich eigentlich wollte.

So bin ich nun auf die nächsten drei Jahre mit meiner neuen Job Partnerin und ihr Launen und Allüren gespannt. So lange muss ein Computer bei mir mindestens halten. Audrey hat dieses Prinzip des circle of life nie verstanden. Ich hoffe Gloria ist da aus anderem Silikon geschnitzt. Denn was gibt es schöneres als eine Partnerin an der Seite zu wissen, die ihren Mann steht, wenn es darauf ankommt und der man immer wieder aufs Neue ihre Macken und Spleens verzeiht? So ein Computer ist schließlich auch nur ein Mensch.

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