In unserer konsumgetriebenen Welt gibt es viele Dinge, welche die Menschheit nicht braucht, die dennoch von mehr oder weniger findigen Forschergehirnen erdacht und dann von Marketingstrategen und Werbegurus an den Konsumenten gebracht werden, die bis dato gar nicht wussten, wie unglücklich ihr Leben bisher war, als sie diesen superpraktischen Käse in Spraydosen und diese zauberhafte Feenschale mit liegendem Einhorn noch nicht ihr eigen nennen konnten. (Herzu unbedingt http://www.youtube.com/watch?v=3SZ4ekVzluQ ansehen. Viel Spaß beim weinen, entweder vor Lachen oder aus Verzweiflung über die Abstrusitäten des Alltags).

Kürzlich fand ich in der Küchen- und Topfabteilung eines großen Handelshauses wieder solch ein Juwel der sinnlosen Ressourcenverschwendung und der Dinge, die man kauft, um sie dann nach ein- bis zweimaligen Nutzen in die dunkelsten Katakomben eines vergessenen Küchenschrankes verbannt zu werden. 15 Jahre später tauchen dann diese Dinge auf Flohmärkten als Gratisbeigabe zur Jahresausgabe Readers Digest 1978 auf, nur damit das Zeug endlich aus dem Haus kommt. Beim flanieren zwischen Schüsseln, Sparschälern und Pfeffermühlen stoppte ich abrupt bei der Auslage von „Spätzle Shakern“, die sehr prominent drapiert, wohl dringend verkauft werden mussten. Als begnadeter Hobbykoch, gebürtiger Badner und bekennender Randschwabe liegt mir das Spätzleschaben damit sozusagen in den Chromosomen. Und ja, ich gestehe, ich habe noch nie in meinem Leben fertige Spätzle gekauft, sondern immer ehrlich handgeschabt vom geerbten Spätzlebrett meiner Mutter. Ich habe nichts gegen Innovationen, auch nicht in der Küche, aber mir war auf dem ersten Blick klar, dass das Konzept des Spätzle Schüttlers nie und nimmer funktionieren kann.

Von der Namensgebung „Spätzle Shaker“ mal abgesehen, der wie eine spezielle Praktik in einem schwäbischen Swinger-Club klingt, sieht das Ding auch aus wie eine professionelle Onanierhilfe für Männer, wie sie in einschlägigen Fachgeschäften unter dem Namen Flashlight angeboten wird. Lediglich die Auswahl zwischen genoppt, gerippt und ultrastrong ist beim Spätzleschüttler nicht gegeben. Hier kann der Käufer nur wischen verschiedenen Deckelfarben wählen, wohl um sich den Shaker passend zum Kücheninterieur auszusuchen. Allgemein scheint mir das ganze Konzept überhaupt eher für männliche Küchenfeen ausgelegt zu sein, von der Optik einmal abgesehen. Das rhythmische  Schütteln aus Hand und Oberarm beherrschen männliche Erdbewohner spätestens mit der Adoleszenz fehlerfrei und wenn dabei gleichzeitig der Bi- und Trizeps trainiert werden kann das nur als Pluspunkt gewertet werden.

Nun zu den inneren Werten, die mich kopfschütteln lassen. Die vielzitierte schwäbische Hausfrau weiß, dass ein Spätzleteig geschlagen werden muss, bis er Blasen wirft – und das geht ordentlich in die Arme. Der für den Laien leicht verständlich außen am Shaker angebrachten Rezeptur sieht das geschulte Auge sofort an, dass der Teig nur die Konsistenz von Diarrhoe haben kann und das hat für mich irgendwie so gar nichts mit dem schwäbischen Nationalgericht zu tun. Die abartige Konsistenz muss aber so dünn sein, damit man die Suppe mit lockeren Kreisbewegungen direkt ins kochende Wasser schütten kann, wo die sogenannten Spätzle dann zum verzehrbaren schwäbischen Küchenklassiker garen können. Und hier scheint es ein Kochwunder zu geben. Wie organisiert sich unstrukturierte Materie wie flüssige Suppe zu einem Spätzle, bloß weil es in siedendes Wasser gelangt ist. Gibt der Wundershaker dem Spätzleteig geheime Instruktionen mit, so wie wir es von der Potentierung aus der Homöopathie kennen?

Immerhin gehören zum Schüttelset auch zwei Stahlkugeln, die kraft ihres Vorhandenseins wahrscheinlich die Schüttelanstrengungen des Kochs potenziell ins unermessliche verstärken sollen. Hier stellt sich mir als kritischer Konsument die nächste Frage: wie bekommt man nach getaner Arbeit das Halbe Kugellager zum Reinigen wieder aus der zylinderförmigen Shaker? Wer schon mal Teig gemacht hat weiß, dass die Stärke im Mehl ziemlich leicht zum Superkleber neigt und dass gebrauchtes Spätzlegeschirr gelinde gesagt eine ziemliche Sauerei ist, die man schnell abspült, sonst kann man die teigigen Reste mit Hammer und Meißel entfernen. Einfach Wasser in den Shaker reinlaufen lassen und hoffen, dass die Kugeln so an die Oberfläche kommen wird bei Edelstahl nicht klappen. Muss der Spätzlekoch nun nach getaner Arbeit mit seinen Fingern in der klebrigen Masse wühlen und hoffen, dass er die Kugeln findet ohne sich allzu sehr einzusauen?

Liebe Leser, der jetzt Lust auf eine Portion ehrliche Kässpätzle bekommen hat. Macht’s wie ich und schlagt den Teig in einer old school Schüssel mit einem Kochlöffel und schabt ihn entweder per Spätzlebrett oder Spätzlehobel (für Faule) ins heisse Wasseer und spare sich das Geld für dieses neue Küchentool namens Spätzle Shaker. Außer Sie möchten das Ding in 15 Jahren auf dem Tapeziertisch ihres Flohmarktstands auslegen und der interessierten Kundschaft erklären, dass sie das Gerät umsonst bekommen, wenn er dafür die Jahresausgabe Readers Digest 1978 kauft, die sich wenigstens dekorativ im Wohnzimmerschrank macht.

PS: wer den Spätzle Shaker im Alltagstest sehen möchte, dem möchte ich dieses unterhaltsame Video ans Herz legen. Menschen, die den Satz „Schaut aus wie frisch nagwixt“ pikierlich finden, denken Sie sich lieber ein langes „Piep“ darüber 🙂

Consent Management Platform von Real Cookie Banner