In letzter Zeit wurde für deutsche Verhältnisse unglaublich viel gestreikt. Da gab es die Piloten, die der Meinung sind, mit 50 Jahren mit einer fürstlichen Apanage in Rente gehen zu wollen, oder die Kollegen von der Bahn, dessen paar Hundert Zugführer ein komplettes Industrieland in Geiselhaft nehmen können, da sie es richtig finden für 10% mehr Gehalt bei gleichzeitiger Arbeitszeitreduzierung, besser erst mal nicht in das Führerhaus zu steigen. Und nicht zuletzt streikten die Kindergärtnerinnen für eine bessere und gerechtere Bezahlung. Man könnte fast meinen, wir lebten in irgendwo im Mezzogiorno, wo das Niederlegen der Arbeit zum natürlichen stile di vita gehört. Nur das Wetter wollte sich partout nicht dem südeuropäischen Lebensstil anpassen.
Ich will die Thematik des Streikens nicht verurteilen oder bewerten. Prinzipiell bin ich absoluter Befürworter des Streikrechts und das dies als Grundrecht in der Verfassung steht. Über die möglichen Konsequenzen auf unbeteiligte Dritte eines Arbeitskampfes kann man gerne diskutieren, soll aber nicht Thema dieses Beitrags sein. Ich frage mich, welche Auswirkungen die Erfahrungen der letzten Woche auf die Arbeitswelt haben wird.
Und da komme ich zum Schluss, dass sich die Kollegen Piloten und Zugführer eher früher als später überlegen sollten, wie weit ihre Sichtweise eines fairen Lohns bei gleichzeitigem sicherem Arbeitsplatz realistisch ist. In einem Zeitalter, in dem immer mehr Dinge miteinander vernetzt werden, die Kommunikation immer schneller und billiger wird und fahrerlose Autos selbständig durch den Straßenverkehr fahren, ist es meines Erachtens nur noch eine Frage der absehbaren Zeit, bis man die Dienstleistung von Fahrzeugführern überhaupt nicht mehr benötigt, da sie mittels Künstlicher Intelligenz und Fernkontrolle leicht ersetzt werden können und werden. Was spricht dagegen, dass Flugzeuge und Züge irgendwo von Bangalore aus von einem ein Bruchteil eines deutschen Lokführers kostenden indischen Ingenieurs für Deutschland ferngesteuert werden? Das macht das amerikanische Militär schon seit vielen Jahren mit ihren Drohnenangriffen über Syrien und Irak. Da sitzen die Piloten auch viele Tausend Kilometer entfernt vom Einsatzgebiet in der Wüste von Utah oder in Rammstein und steuern ihre Fluggeräte mit einem Joystick und ein paar Monitoren sozusagen „zielsicher“ über ein weit entferntes Land. Diese Technologie ist also schon lange vorhanden und bedarf nur einer konsequenten Eiführung in den zivilen Verkehr. Zudem dürfte diese Art der Fahrzeugsteuerung auch insofern Sicherheitsvorteile haben, da sie die Wahrscheinlichkeit eines Pilotenselbstmordes, der 200 unschuldige Passagiere mit in den Tod reißt, auf null reduzieren.
Ich bin sicher, in den Forschungslaboren von Siemens, Airbus, Boeing und Co. wird bestimmt schon an diesen Konzepten gearbeitet. Und dann wird es in nicht mehr allzu ferner Zukunft für Zugführer und Piloten heißen: „Ihr könnt gerne streiken. So lange, wie Ihr wollt. Nein, kommen braucht Ihr nicht mehr. Rajesh, Pradeep und Chandrakanta steuern jetzt den ICE Hans-Christian-Andersen von München HBF nach Kopenhagen von einem klimatisierten Büro aus Mumbai. Nö, Nachtzuschlag und Schaffnermütze bekommen die nicht. Ja, doch, hochmotiviert sind die neuen Kollegen trotzdem.“ Insofern denke ich mir, mei, lasst sie halt noch streiken solange sie´s noch können. Die Möglichkeiten sind gezählt.
Anders sieht die Sache bei den Erzieherinnen und Erziehern aus. Bis die Robotik soweit ist, dass man den blechernen Droiden Kinder pädagogisch relevant anvertrauen kann, wird es noch eine längere Weile dauern. Nach dem Moorschen Gesetz, das die Entwicklung der Computertechnologie beschreibt, sollte das dann aber 2060 soweit sein. Ich hoffe, dass die Roboter dann nicht nur Kinder, sondern auch halbblinde alte Säcke mit Buckel und Krückstock betreuen können. Dann bin ich nämlich 90, hoffentlich in Rente und ich könnte es nicht ertragen, unbetreut im eigenem Siff vorm Fernseher zu sitzen und anspruchsvolle Spieleshows wie Bingo oder Jeperdy zu schauen, nur weil man mich schwerlich zu meinen Eltern zum Aufpassen schicken kann, damit ich keinen Unfug treibe.